Schulwettbewerb 2014
Dem Geheimnis des Waldes auf der Spur
Immer weniger Kinder und Jugendliche haben aufgrund ihrer Lebensumstände Gelegenheit eigene Naturerfahrungen zu sammeln. Dabei bilden aber gerade Begegnungen mit der Natur entscheidende Grundlagen für verantwortungsvolles und umweltbewusstes Handeln im späteren Leben.
Aufgrund dieser Tatsache wurde anlässlich des Tag der Parke in Bad Lippspringe die Idee „Lass uns die Schulen einbinden“ geboren. Es gibt solche spontane Ideen: Einmal im Raum, werden sie immer wieder heraufbeschworen. Aber das ließ sich leicht sagen – „die Schulen einbinden“.
Einen moralischen Impuls gab dazu NRW-Umweltminister Johannes Remmel, als er 2013 bei der Podiumsdiskussion beim „Tag der Parke“ in Bad Lippspringe mehr Umweltbildung vor Ort forderte. Mit Förstern, Waldpädagogen und engagierten Ehrenamtlichen in unseren Reihen wurde rasch klar, dass wir durchaus in der Lage waren, klassenweise Walderlebnistage veranstalten zu können. Und zwar in Rücksprache mit den jeweiligen Unterrichtsinhalten und Vorstellungen der Lehrer. Aber die Klassen einfach so für einen Vormittag zu bespaßen war uns dann doch zu wenig. Wenn wir schon Arbeit (wie sich zeigen sollte, viel Arbeit) in einen Walderlebnistag steckten, dann wollten wir auch etwas davon zurück erhalten. Das war die Grundidee für den Schulwettbewerb, den wir daraufhin ins Leben riefen. Nach unseren individuell geplanten und durchgeführten Veranstaltungen (insgesamt waren es schlussendlich 18 Klassen) wollten wir Feedback. Einmal, um unser Projekt im kommenden Jahr verfeinern zu können; zum anderen, um einen weiteren Programmpunkt beim „Tag der Parke“ zu haben und so weiteres Interesse auf uns ziehen zu können. Die Vorgaben unsererseits waren klar: Nicht nur gemalte Bilder, sondern gerne auch Collagen, Videoclips, Theaterstücke, Musikwerke, Poetryslam und Poesie waren die Wünsche, die wir an die Schulen richteten.
Die Verantwortlichen dieses Wettbewerbes sind die Initiatoren und Mitbegründer von UBI
Tiere des Waldes – Klasse 2 Grundschule auf der Lieth, 29. April 2014
Reportage I
Von Wikingerhelmen und Hasen mit Brille
Bad Lippspringe. „Boah, guck mal, ein achtblättriges Kleeblatt“, staunt der Zweitklässler über eine kleine Pflanze zu Füßen einer mächtigen Buche. „Es gibt doch gar kein achtblättriges Kleeblatt“, widerspricht sein herbeigeeilter Schulkamerad. Um welches geheimnisvolle Gewächs mit der weißen Blüte es sich handelt, weiß Förster Oliver Sielhorst vom Naturschutzzentrum Steinbeke in Bad Lippspringe. Er gibt den beiden Jungs den Tipp, die Blätter zwischen den Fingern zu zerreiben und dann daran zu schnuppern. „Das riecht wie Eis“ entfährt es einem der kleinen Forscher. Und der andere hat mit diesem Tipp die Lösung parat: „Das ist Waldmeister!“
Genau: Waldmeister findet sich jetzt, Ende April, in der Naturwaldzelle an der Steinbeke. Und noch viel mehr. Fast vier Stunden sind die Schüler von zwei zweiten Schuljahren der Grundschule „Auf der Lieth“ in Paderborn in der Natur unterwegs, um mit allen Sinnen die Tiere des Waldes zu entdecken. Bzw. ihre Spuren, haben sich doch die Waldbewohner angesichts der entdeckungsfreudigen Bande lieber in Sicherheit gebracht. Sielhorst und sein Kollege Andreas Bathe und Waldpädagogin Norika Creuzmann haben die Stecke darum wohlweißlich präpariert – mit Präparaten. Und so wartet in mancher Astgabel doch noch ein Eichelhäher, duckt sich in einer Furche ein Hase, lauert ein Fuchs hinter einem Dickicht.
Schwerer zur finden waren da die Spuren, die die Waldbewohner hinterlassen haben. Eine regelrechte Wildschweinautobahn kreuzte den Pfad der Forscher und im Spechtloch einer vor etlichen Jahren abgestorbenen Buche fanden die Kinder einige Kirschkerne, die ein Eichhörnchen dort vergessen hatte – und von denen selbst die beiden Förster nichts wussten. Scharfe Augen entdeckten merkwürdig geformte Äste, die sich als abgeworfene Geweihstangen herausstellten. Die Hinterlassenschaft eines Hirschs war rasch identifiziert. Aber wem gehörte einst die Schaufel? „Die ist von einem Elch“, tönte ein ganzer Chor von jungen Schülern. Aber Elche gibt es in OWL nicht. Wohl aber Damwild, von dem diese Stange stammte. Ein Junge hatte sogar ein Bestimmungsbuch mitgebracht, in dem Geweihe, Hufabdrücke und Aussehen der Waldbewohner aufgelistet waren. Richtig begeistern waren dann Tommy und Samuel, die ein ganz uriges Gehörn im Laub entdeckten. Aber kein Wikinger hatte hier seinen Helm verloren, sondern ein Mufflon.
Spaß muss sein: Ein Hase mit einem Rehbockgeweih und dann noch mit einer Brille auf der Nase – das musste eine ganz besondere Sorte Försterhumor sein. Und tatsächlich sorgte der Fund hinter einem Baumstamm nach der anstrengenden Tour für reichlich Erheiterung. Spannend wurde es ganz zum Abschluss, als sich ein großer Schlund im Boden auftat. Hier wohnt ein alter, großer Dachs, der sich wohlweißlich tief im Boden verborgen hielt und entweder wartete, bis die Kinderschar an ihm vorüber gezogen war – oder der ungesehen durch einen seiner vielen Nebeneingänge entwischte.
Nun hat Lehrerin Brigitte Vennebusch die Aufgabe, die Erlebnisse der Kinder im Unterricht zu verarbeiten. Ihr schweben Texte über die Erlebnisse vor, die die Kinder mit Zeichnungen illustrieren sollen.
Hier hat kein einstiger Wikinger seinen Helm verloren, sondern ein Widder seine Hörner: Die Kinder der Klasse 2a der Grundschule auf der Lieth in Paderborn hatten mit Förster Oliver Sielhorst spannendes zu entdecken. Foto: Lüke
Wetter, Wasser und Wasserkreislauf – Klasse 3 Concordia Grundschule Bad Lippspringe
Reportage II
Wenn Schwämme Wolken werden
Bad Lippspringe. „Ich könnte noch den ganzen Tag hier sein“ und „ich will jetzt öfter in den Wald gehen“, brachten Tim und Fabian ihre Erlebnisse auf den Punkt. Hinter den beiden Drittklässlern lagen da schon drei anstrengende Stunden, die sie im Wald hinter dem Naturschutzzentrum Steinbeke in Bad Lippspringe unter der Leitung von Förster Andreas Bathe und Waldpädagogin Norika Creuzmann verbracht hatten.
„Wasser und Wetter“ lautete das Thema, das Lehrer Thomas Pantke der Klasse 3 der Concordia-Grundschule Bad Lippspringe vorgegeben hatte. Zu diesem Zweck mussten die 23 Kinder mit vereinten Kräften erstmal zwölf Flaschen Wasser in den Wald tragen, denn Förster Bathe hatte sich einige interessante Experimente ausgedacht. Ein Eimer musste ebenfalls mit, ebenso Schwämme und zwei Metermaße. Erst nach einer Entdeckungstour lüftete Bathe das Geheimnis um seine merkwürdigen Zutaten. Ein Kind durfte nämlich auf der gut asphaltierten Straße einen Eimer Wasser auf ein mit den Zollstöcken vorgegebenen Quadratmeter gießen. Klar, dass das Wasser unter den Stiefeln der jungen Naturforscher davon floss. Nur wenige Meter entfernt wurde das Experiment wiederholt – mit dem Unterschied, dass nun durstiger Waldboden den gesamten Guss aufnahm und sich auch beim Graben mit der Kelle die rund fünf Liter Nass nicht wiederfinden ließen.
Als Ostwestfale kennt man natürlich die Besonderheiten der Geografie. Mit Stöcken und Steinen legten die Kinder gemeinsam mit dem Förster die Karte von NRW samt der Topografie von Teuto, Egge, Sauerland mitsamt den Städten Paderborn und Bielefeld großflächig nach. Zwei vollgesogene Schwämme symbolisierten Regenwolken vom Atlantik, die am Velmerstot zusammenliefen und abregnen mussten, um über den Höhenzug zu kommen. Nele und Helene wrangen lachend die Schwämme aus, bevor sie als Wolken weiter ostwärts Richtung Harz schweben konnten.
Ein Spiel, bei dem die Ohren gespitzt werden mussten, beendete die Exkursion. Waldpädagogin Norika Creuzmann erklärte ein Kind zur Eule, das mit verbundenen Augen den anderen Kindern lauschen musste, die als Mäuse Tannenzapfen stehlen sollten. Mit einer Sprühflasche wurden die Mäuse dann zur Abwehr bespritzt. Ob der Uhu, der im nahen Steinbruch seinen Horst hat, das bunte Treiben verfolgte? Er ließ sich leider nicht blicken. Dafür untermalten dutzende Vögel das Lausch-Spiel mit einem vielstimmigen Konzert.
Nele (l.) und Helene der Klasse 3 der Concordia-Grundschule Bad Lippspringe symbolisieren zwei Wolken, die aufsteigen müssen und darum über dem Eggegebirge abregnen. Foto: Lüke